In den kalten Monaten des Jahres ist nicht viel los im Garten, zumindest in meinem. Meine Beete stehen alle für die winterliche Ernte bereit und nur ein paar wenige haben eine scheinbare Ruhepause bis zur nächsten Saison.

In meinem ersten Gartenjahr hatte ich da schon mehr zu tun. Ich wusste nicht wie man am effektivsten neue Beete ansetzt und auch war es mir ein Rätsel wie ich diese Ur-Alten Obstbäume zum Tragen bringen sollte.

Die Bäume waren weit über 40 Jahre alt, ungepflegt, die Blätter mit schwarzen Stellen übersät, sowie roter und grüner Algenwuchs wohin das Auge reichte. Manche Äste waren bemoost, andere waren völlig abgesägt und in einigen Stämmen steckten Nägel der Vorbesitzer des Hauses. Die Früchte waren klein, runzelig, hatten braune und schwarze Flecken und das Kerngehäuse war bei den meisten total verrottet.

Meine nächsten Nachbarn brachten meine Träume nach einem Garten Eden fast zum Platzen. Ich solle mir keine Hoffnungen machen, denn der Boden hier ist so schlecht. Ihre Bäume tragen seit Jahren keine einzige Frucht mehr.

Als Anfänger ist man mit diesen Worten ganz schön überfordert. Aber irgendwie roch der Braten faul und da ich selten auf das höre was mir andere raten fing ich an nach meinen eigenen Regeln zu gärtnern.

Gute Entscheidung. Besonders gut, da ich mich auf mein Gefühl verließ und auch nicht auf Bücher. Ich las mir viel über Baumschnitt durch und über Baumkrankheiten. Die Fülle an Informationen brachten mein Hirn zum Stillstand, aber mein Herz zum Pochen.

Was ich tat:

1. Baumschnitt:

Ich schaute nach wann der Beste Zeitpunkt für einen Obstschnitt wäre und hielt mich an die günstigen Mondphasen. Da meine Bäume schon beschnitten wurden wuchsen sie nicht mehr natürlich und die Blätter überlagern sich. So bekommen sie nicht mehr genügend Licht und Luft, was der Gesundheit des Baumes schadet und einen neuen Schnitt notwendig macht.

Ich achtete darauf keine großen und früchtetragenden Äste abzuschneiden und versuchte so viele leblose Äste zu identifizieren wie ich konnte.

Bei jedem Schnitt entschuldigte ich mich beim Baum.

Ja, so bin ich nun mal, denn es ist auch wissenschaftlich erwiesen, dass eine Pflanze eine Stressreaktion auslöst noch bevor sie beschnitten wurde. Daraus schlussfolgere ich, dass Pflanzen auch Gefühle haben, sogar sensiblere als die meisten Menschen.

2. Algen und Moos entfernen:

Nach dem Schnitt holte ich mir aus meinem Gartenhaus eine Drahtbürste und schrubbte die Algen und das Moos vom Stamm und von den Ästen. Unter dieser Schicht erkennt man sofort die feuchten Stellen, die den Ast zum Verrotten bringen. Durch das Befreien von Algen und Moos kann Luft und Licht die Wunden heilen. Somit kann der Baum sich auf andere Dinge konzentrieren, als auf die Abwehr dieser Stellen vor Parasiten.

Ansonsten ist das Bürsten wie eine Massage für den Baum. Beachte hierbei nur, dass du nicht den Baum verletzt und zu tief oder zu hart mit der Drahtbürste schrubbst.

3. Baumscheibe frei machen:

Die Baumscheibe ist der Kreis unter der Baumkrone. In meinem Fall war sie von Gras überwuchert. Dadurch, dass der Baum schon lange an Ort und Stelle steht und die Nährstoffe nicht mehr die Wurzeln erreichen, sondern von dem Gras vorher aufgesaugt werden, sollte man ab und an das Gras entfernen, um den Baum direkt Nährstoffe zu Verfügung zu stellen.

Ich habe viel Kompost, Pflanzenmaterialien und Holzasche eingearbeitet und diese mit Laub zugedeckt. Im Laufe des Sommers gab es immer mal wieder einen guten Schluck Brennnesseljauche direkt auf den Stamm.

Sei vorsichtig, dass du keine Wurzeln verletzt. Jede Verletzung macht den Baum wieder anfälliger gegenüber Krankheiten.

4. Kräuter pflanzen:

Zu guter Letzt pflanzte ich direkt auf der Baumscheibe ein Meer aus Kräutern und Heilpflanzen. Nicht nur für Menschen und Tieren wirken Kräuter heilend, sondern natürlich auch für Pflanzen und Bäume. Ihre Duftstoffe senden sie auch über die Wurzel in die Erde. Da alles miteinander verbunden ist, so auch die Wurzeln durch die Hilfe von Pilzen, gelangen die Wirkstoffe direkt in den Baum.

Ob Oregano, Majoran, Minze, Salbei, Lavendel oder Petersilie höre auf dein Gefühl, was dem Baum helfen könnte. Ringelblume, Echinacea und andere Heilpflanzen ergänzen sich hierbei mit den Kräutern perfekt.

So hast du sogar noch ein zusätzliches Beet erschaffen, dass nicht nur deinem Baum Gutes tut, sondern dir auch.

Und keine Panik! Diese Prozedur mache ich nur alle paar Jahre mal. Ein Baumschnitt kann über mehrere Jahre reichen und auch Algen und Moose etablieren sich nicht gleich nächstes Jahr wieder. Die meisten Kräuter sind mehrjährig und verlangen auch keine Pflege.

Düngen solltest du trotzdem immer mal wieder, denn schließlich verbraucht dein Baum zur Produktion von Früchten viele Nährstoffe. Und etwas zu geben, während man schließlich auch bekommt erhält die Balance.

Ansonsten tu es wie ich: Lehne dich zurück und erfreue dich an deinen Früchten, während deine Nachbarn ihre Bäume jedes Jahr vergebens beschneiden ohne zu merken, dass sie das Problem sind und nicht der ach so schlechte Boden.

In der Natur läuft nicht alles rational nur weil der Mensch es so haben möchte.
Das zu erkennen katapultiert dich in eine Welt in der nichts unmöglich ist.
Auch nicht im Garten.


Bist du schon ein Baumpfleger? Erzähl mir doch davon!


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